Weintour
Dieser Blogeintrag richtet sich ganz besonders an alle Weinliebhaber, Schluckspechte und Schlemmercrewmitglieder! Der heutige Tag bestand lediglich aus einer Weintour zu vier (!) verschiedenen Bodegas. So nennen die Argentinier ihre Weinereien. Aber alles der Reihe nach.
Morgens gegen halb neun nehmen wir einen kleinen lokalen Bus, der uns hinaus aus der Stadt in Richtung Süden fährt. Nach etwa einer Stunde lässt uns der Busfahrer irgendwo heraus und sagt uns, dass wir am Ziel sind. Hier irgendwo ist der Fahrradladen, der uns unsere Bikes für den Tag ausleihen wird und auch für die Reservierung unserer Plätze in den verschiedenen Bodegas zuständig war. Wir laufen ein bisschen die Straße hoch, dann wieder herunter, finden aber keinen Fahrradladen. Beim Metzger fragen wir schließlich nach, ob wir hier richtig sind. Sind wir! Nur eine halbe Stunde zu früh. Geduldig stehen wir vor dem mit Rolladen verschlossenen Geschäft und fragen uns, ob wir die einzigen sind. Der Touranbieter hat uns gestern noch gesagt, wie schnell die Touren auf Grund der großen Anfrage ausgebucht sind. Gegen kurz vor zehn kommen zwei Jungs in Shorts und schlabbrigen weißen T-Shirt auf uns zu. Sie öffnen den Laden und händigen uns die Bikes aus. Wir sollen mit dem Losfahren noch warten, da er noch auf die Bestätigung des Termins bei der ersten Bodega wartet. Wir warten wieder. Gegen viertel nach zehn kommen noch zwei schweizer Mädels an, die mit uns im gleichen Hostel sind. Wir sind also zu viert. Nachdem der Junge telefonisch niemanden erreicht, entscheiden wir, einfach hinzufahren.
Bodega #1 Dante Robino
Es ist nicht weit zu fahren und wir erreichen bereits gegen halb elf unser erstes Ziel.
Der Eingangsbereich ist supermordern und chic. Es empfängt uns eine hübsche, große Argentinierin. Mit einem herrlich südländischen Lächeln teilt sie uns mit, dass die Tour erst um 11 Uhr beginnt, da noch andere Besucher kommen und es die einzige Tour auf Englisch sein wird. Schon jetzt ist uns klar, dass wir den nächsten Termin um 12:30 Uhr höchstwahrscheinlich nicht einhalten können. Die Führung beginnt mit einer kurzen Einleitung an den Weinreben draußen und führt dann ins Innere der Bodega. Der Wein lagert in Eichholzfässern aus den USA.
Wir erfahren, dass sich dieses Unternehmen neben der Herstellung des berühmten Malbec Rotweins, auf Sparkling Weine spezialisiert hat und dabei Nummer zwei in Argentinien ist. Sparkling bedeutet alles von Sekt bis Champagner. Aber hier heißt er nicht Champagner sondern Brut. Wir lernen die verschieden Herstellungsmöglichkeiten von lieblich bis trocken kennen und dürfen zum ersten Mal kosten. Es ist ein noch nicht ganz fertiger „Extra Brut“. Das Besondere daran ist, dass die Bläschen der Kohlensäure noch nicht nach oben sprudeln. Im Hals ist das sehr angenehm und zudem steigt einem auch nichts in die Nase (wie das ja manchmal so ist, wenn man einen zu großen Schluck nimmt ;-))
Wir treiben uns noch ein bisschen in den Produktionsräumen herum und erfahren so viele Details, dass sie an dieser Stelle nicht aufgeschrieben sondern nur nach unserer Rückkehr persönlich erläutert werden können. Zum Schluss nun der (für Nicole) wichtigste Teil der Führung: Die Verkostung 🙂
Wir haben Glück, denn die anderen Teilnehmer haben eine Nobelweintour gebucht, und so kommen wir in den Genuss, auch die hochwertigsten Weine probieren zu dürfen, u.a. eine Flasche für 25 Euro! Wir probieren drei Rotweine und einen Brut. Auf Anfrage der Snobs öffnet die Hübsche noch eine weitere Sorte des leckeren Brut. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass diese beiden Bruts die leckersten Sprudelweine sind, die ich in meinem ganzen Leben getrunken habe! Die Namen sind: Novecento Robino und Dante Robino Extra Brut. Zudem habe ich die Information, dass diese auch in Europa vor allem auch in Deutschland 🙂 vertrieben werden. Für alle, die feststellen wollen, dass ich Recht habe, hier die Flaschen:
Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile mit der Hübschen über Wein. Dabei fährt gerade ein LKW vorm Fenster vorbei und versprüht hinten heraus rosafarbenes Wasser. Natürlich wollen wir sofort wissen, was es damit auf sich hat. Die für mich erschreckende Antwort lautet: Die Kessel müssen regelmäßig gereinigt werden und bevor das Wein-Wasser-Gemisch einfach weggeschüttet wird, wässern sie damit den staubigen Weg der Zufahrt. Stell sich das mal einer vor: Die befeuchten Ihre Zufahrtswege mit Weinschorle!!!
Sofort habe ich ihr erklärt, dass Weinschorle in Deutschland ein beliebtes Getränk ist. Das kannte sie noch nicht. Dafür haben wir im Gegenzug erfahren, dass die Argentinier im Sommer Limetteneiscreme mit Sekt trinken. Einfach Limetteneis mit Sekt mischen und fertig ist das Erfrischungsgetränk. Namen haben wir leider vergessen.
Ich stelle noch sicher, dass es meine Lieblingssorten auch wirklich in Deutschland geben wird, schreibe mir die Emailadresse des Kontakts in Deutschland auf und dann stellen wir fest, dass es bereits halb zwei ist. Vor einer Stunde hätten wir an der nächsten Bodega sein müssen.
Bodega #2 Familie Bonfanti
Obwohl wir eine ganze Stunde zu spät sind, dürfen wir unsere Tour noch machen. Uns begrüßt einer der Eigentümer(!) persönlich. Er ist einer der Enkel, die den Familienbetrieb weiterführen. Eigentlich dauert seine Tour auch eineinhalb Stunden, aber er erklärt sich bereit, für uns 45 Minuten daraus zu machen, damit wir unseren nächsten Termin um drei Uhr einhalten können. Auch er bringt uns zuerst zu seinen Reben. Ein 5 Hektar großes Gelände, das neben Wein auch Olivenbäume hat. Er erzählt mit viel Leidenschaft von den Reben und wir bekommen neue Informationen über die Herstellung von Wein. Etwa was der Unterschied zwischen Rose und Rotwein ist. Er erklärt uns zudem ganz genau wie man einen guten Wein bereits an der Farbe erkennen kann. Wir lernen wie man das Etikett auf der Rückseite einer Weinflasche interpretieren kann und viele kleine Details mehr. Auch er zeigt uns den kleinen Keller, in dem die Flaschen noch per Hand beklebt werden. Die Führung ist sehr persönlich, sehr interessant und wir bedauern es, dass wir dem Winzer nicht noch länger zuhören dürfen.
Bodega #3 Norton
Norton ist Marktführer in der Weinherstellung in Argentinien. Etwa 120 Millionen Liter Wein verlassen hier jedes Jahr Ihre Edelstahl- und Holzfässer. Der Weinriese erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen und genießt internationalen Erfolg. Die Führung startet auf einer luxuriösen Terrasse mit Blick auf die zig Hektar Wein und am Horizont sieht man eine Gebirgskette mit 6000ern. Beeindruckend. Zur Begrüßung gibt es direkt erst mal ein Glas Champagner. Wie nett.
Unsere Gruppe wird mit ein paar anderen Touristen aus den USA zusammengelegt und es geht los. Vorbei die Romantik der Familienunternehmen und Mittelständler. Wir stehen als ersten in einem Raum mit Edelstahlgefäßen.
Anschließend sehen wir die ersten Holzfässer, aus Französischem Eichenholz. Die Hersteller streiten sich darum ob das französische oder amerikanische Holz besser für das Aroma ist. Wir schmecken holztechnisch keinen Unterschied…
Bei Norton dürfen wir alle Weine direkt aus dem Fass bzw. aus dem Edelstahl probieren. Was ich persönlich nicht so gut finde ist, dass diese Weine noch nicht fertig sind. Wir wissen also nicht, wie sie nachher schmecken, wenn wir sie in der Weinflasche verkauft werden.
Nach den Proben geht es noch in den riesengroßen historischen Keller. Dort sehen wir die Flaschen der verschiedenen Jahrgänge. Sie werden aufgehoben, damit der Hersteller auch selbst testen kann, wie die Weine nach so langer Zeit der Lagerung schmecken.
Die Tour war die kürzeste von allen und für mich persönlich zu industriell. Aber geschmeckt hat es trotzdem 🙂
Bodega #4 Cabrini
Mendozas Hersteller von Kirchenweinen. Neben dem edlen Tropfen für die Geistlichen werden noch drei verschiedene Sorten des berühmten Malbec sowie ein Chardonnay hergestellt. Bei dieser letzten Führung haben wir gar keine Fotos mehr gemacht. Lag vielleicht daran, dass es nicht wirklich etwas zu fotografieren gab. Nur so viel sei gesagt, der Kirchenwein schmeckt eher wie ein Likör und hat 16,nochwas Prozent. Schön war, dass wir anstatt zweimal für die Führung zu bezahlen einfach eine Flasche Wein kaufen konnten.
Resümee
Welch ein Tag!! Es war wirklich interessant so viel über edle Tröpfchen zu erfahren, durch die schöne Weingegend zu Radeln und so viele leckere Weine zu probieren. Beim nächsten Mal würden wir die Termine mit den Weingütern selber organisieren und nur noch maximal drei verschiedene besuchen. Zwischendurch lieber ein bissl faul in der Sonne liegen oder mit dem Rad die Gegend erkunden.
Nach so einem Tag bleibt uns nur noch eins zu sagen: „Zum Wohl, Alkohol!“
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