Nationalpark Torres del Paine
Das „W“ steht für die Route, die wir die nächsten 5 Tage vor uns haben. Sie sieht tatsächlich aus wie ein W, wir haben aber eine andere Theorie. Wir denken das W steht für Wetter. Aber ihr könnt ja selbst eine Theorie herausfinden, wenn ihr unsere Geschichte gelesen habt…
Tag 1: Wind und Regen
Morgens um halb sieben sollen wir abgeholt werden.
Gegen sieben kommt dann schon der Kleinbus. Nach einer halben Stunde fahrt, halten wir für 50 Minuten an einem Kaffee, in dem die Fahrer frühstücken. Gegen elf Uhr erreichen wir den Park. Es windet schon stark und bis wir noch eine Kleinigkeit gegessen und uns angezogen haben, ist es zwölf. Gut eingepackt laufen wir direkt dem Wind entgegen. Wir laufen über ein weites Feld. Es ist sehr eintönig und der Wind wird immer stärker.
Nach etwa einer Stunde kommt Niesel dazu, nach etwa zwei Stunden regnet und stürmt es heftig. Wir stehen vor der Wahl umzukehren oder nochmal drei Stunden weiter zu laufen. Wir entscheiden uns für die drei Stunden. Unsere chinesischen Billigregenhosen sind aus höchst wasserdurchlässigem Material gefertigt und zerbröseln bereits, die Billighandschuhe verwandeln sich innerhalb kürzester Zeit in Schwämme und saugen so viel Wasser auf wie es nur geht. Unsere Hosen sind bereits durchnässt. Nach ca. vier Stunden des gegen Wind und Regen Laufens stelle ich fest, dass meine Schuhe leider nicht wasserdicht sind. Kurz darauf sind die Socken und Füße komplett durchnässt. Die Laune wird schlechter und kann sich nur dadurch etwas erhellen, dass sich nach einem kleinen Anstieg auf einmal eine hellblaue Lagune zeigt. Ein Anblick, den wir so schnell nicht vergessen werden. Himmel grau, Lagune hellblau.
Eigentlich dürfte es nicht mehr so lange dauern, bis wir an das erste Refugio kommen, doch die Strecke zieht sich endlos. Der Wind und der Regen wechseln sich in ihrer Ungemütlichkeit ab und wir stellen fest, dass wir noch um die komplette Lagune herum müssen… Nach fünfeinhalb Stunden kommen wir endlich an. Wir finden saisongemäß ein fast leeres Refugio. Ein einziger Raum ist beheizt und eignet sich zum Wäschetrocknen. Meine Schuhe sind komplett durchgeweicht und ich hoffe, dass sie irgendwie bis morgen trocknen.
Wir lernen an dem Abend noch ein paar andere Durchgeweichte kennen, die aber andersherum laufen und es morgen bereits geschafft haben. Eigentlich wollten wir hier zelten, aber da wir so durchgeweicht und durchgefroren sind und es noch immer regnet und stürmt, entscheiden wir uns für die völlig überteuerte Variante und nehmen uns ein Bett.
2. Tag Wind mit Tendenz Sturm
Die Sonne weckt uns und es sieht so aus, als würde es ein schöner Tag. Beim Frühstücken und Brote schmieren, nehmen wir die wunderbare hellblaue Lagune vor unserer Tür gleich ganz anders war. Die Schuhe sind zum Glück fast trocken und es kann losgehen. Zweieinhalb Stunden liegen vor uns bis zum Aussichtspunkt auf den Gletscher. Die Sonne scheint, aber der Wind ist sehr kalt. Die Strecke ist angenehm zu laufen, aber je näher wir dem Gletscher kommen, umso windiger wird es. Wir müssen teilweise stehenbleiben, weil es uns nur auf einem Bein wegwehen würde. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es Windböen um die 120km/h gewesen sein müssen. Der Gletscher beeindruckt uns mindestens genauso sehr wie der andere, den wir bereits gesehen haben. Hier sind es jedoch nochmal ganz andere Größenverhältnisse, weil wir oben auf einem Berg stehen und somit die Tiefe und Weite noch viel beeindruckender ist. Auch die abgefallenen Eisberge, die sich langsam in Richtung Tal schieben, sind einfach atemberaubend. Der See ist grau und die Eisstücke hellblau, sensationell.
Nach dem Staunen machen wir uns auf den Rückweg, denn wir müssen schließlich noch zum nächsten Campingplatz. Drei Stunden vom heutigen Startpunkt entfernt. Gegen sieben Uhr abends erreichen wir endlich unser Nachtlager. Wir sind die einzigen in diesem kleinen und sehr grauen Wäldchen. Wir beeilen uns das Zelt aufzubauen, weil es wieder nieselt und viel stürmt. Anschließend kochen wir uns im Dunkeln noch unser Abendessen und sind gespannt auf die erste Nacht im Zelt.
3. Tag Noch mehr Wind
Wir haben nicht wirklich viel geschlafen, da der Wind ganz schön viel Krach gemacht hat. In das Tal, in das wir heute laufen wollen, brauchen wir gar nicht erst aufbrechen, weil es komplett bewölkt ist. Ich bestelle beim Universum, dass es heute nicht nochmal so sehr regnet und ich wieder durchgeweicht werde. Wir entscheiden uns, zum nächsten Nachtlager zu wandern. Meine Bestellung wurde aufgenommen und es gibt nur wenig Regen. Dieser kommt meistens von der Seite, wenn mal wieder eine Windböe das Wasser der Lagune aufnimmt und mit sich trägt. Der Sturm macht uns heute auch wieder zu schaffen. Es ist mühsam und man kommt nur langsam voran. Besonders nervig ist der Wind dort, wo viele Steine am Boden liegen oder solche über die man drüber klettern muss. Eine starke Windböe und es haut dich voll hin. Wir müssen sehr vorsichtig sein, denn Hilfe ist hier stundenlang entfernt und so etwas wie Bergrettung gibt es hier nicht.
Wir laufen den ganzen Tag an einer Lagune entlang. Sie ist riesig. Ziemlich erschöpft schaffen wir es gegen halb acht am Campingplatz zu sein. Es windet immer noch viel zu sehr, aber wir sind jetzt schon Profis und bekommen den Gaskocher locker trotz Wind und Niesel an 🙂 Wir sind auf die Nacht gespannt.
4. Tag Sonne
Wir haben gut geschlafen und die Sonne strahlt die berühmten Torres del Paine („Türme des blauen Himmels“) an. Wie gut, wenn man sein Ziel mal direkt vor Augen h bzw. oder besser weiß, wo man heute hinwandern wird… Es ist heute der schönste Tag von allen. Kein Wind, kein Regen. Die Strecke geht nur bergauf und ist ziemlich anstrengend. Unser Nachtlager liegt 2 Stunden vor dem Ziel. Mittagspause. Wir bauen unser Zelt auf, sind wieder die Einzigen und machen uns ohne die schweren Rucksäcke auf den Weg.
Fabian erreicht gegen halb vier das Ziel!
Ich bekenne mich zum Weichei. Bin zu schwach für das letzte Stück und begnüge mich mit dem Anblick von weiter unten.
Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg zu unserem Zelt und genießen unser letztes Abendessen, diesmal im Hellen und ohne Wind.
5. Tag Schnee
Heute Nacht war irgendwie nicht so warm wie die anderen. Ein kurzer Blick aus dem Zelt am nächsten Morgen verrät uns warum:
Schnee!!! Alles weiß gepudert. Wir beeilen uns mit dem Zeltabbau, weil wir befürchten, dass der Schnee mit der Zeit auch zu Regen werden könnte. Wir machen uns auf den Rückweg zum Zwischenstopp. Ein Hotel mitten im Nirgendwo. Wir haben großes Glück und es schneit einfach weiter. Wir frieren nicht und nass sind wir auch nicht. Nur die Füße wieder ein bisschen. Im Hotel angekommen, bestellen wir uns zwei Heißgetränke und genießen die gediegene Umgebung.
Fünf Tage Wildnis und dann im vier Sterne Hotel sind doch Gegensätze. Wir haben zwei Stunden Zeit, bis wir uns auf den Weg zum Bus machen, der uns wieder zurück in die Zivilisation bringen soll. Schön wars! Anstrengend und herausfordernd, aber schön!
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