Zwei Tage, zwei Länder, zwei Inseln, ein See
Die Anreise
Vom wunderschönen sonnigen Arequipa geht es mit dem Bus in sechs Stunden nach Puno. Wir haben eigentlich keinen Bock auf die Kälte, die uns erwarten soll, freuen uns aber so auf den See. Die Fahrt ist wie immer ein Erlebnis. Wir sind die einzigen Touris in unserem Bus, der miefig und stickig ist. Die Polster haben eigentlich schon ausgedient, aber keinen stört es. Die Tickets waren spottbillig, gerade mal vier Euro pro Nase. Lustig wieder das „Sitzplatzfindungsphänomen“ in Südamerika. Diesmal allerdings wirklich „sehr kompliziert“ da auf den plüschigen Ablageflächen mit Edding handschriftlich andere Sitzplatznummern angebracht waren als unten auf den Lichtschaltern angegeben. Zuerst weist uns ein älterer Herr freundlich darauf hin, dass WIR falsch sitzen. Dann finden wir unsere Plätze und dort sitzt ein ANDERER auch falsch. Doch dieser will sich nicht bewegen, auch nach vielem hin und her nicht. Also müssen wir mit samt unseren Rucksäcken durch den schmalen Gang bis nach vorne wo der „Copilot“ ist, der uns als einziger in unserer Not noch helfen kann 😉 Der Bus fährt schon, doch wir schaffen es nach kurzem Tamtam, dass der Gute sich wegbewegt. Zum Dank ist Fabians Sitz im A…. Die Rückenlehne funktioniert nicht mehr: Also entweder nicht anlehnen oder liegen. So isses eben im Billigbus, aber sind ja nur noch 6 Stunden vor uns…. Kurz vor dem Ziel plötzlich ein Zwischenstopp. Wie in Südamerika üblich gibt es weder zweisprachige Durchsagen des Fahrers noch sonstige Erklärungen wie lange man wo steht noch warum. Fabian fragt den Fahrer, ob es reicht, wenn er mal kurz für kleine Jungs will und der Fahrer bestätigt. Nach 2 Minuten werde ich als zurückgebliebene im Bus schon nervös, nach 3 Minuten startet plötzlich der Bus. Ich sitze da mit unseren Rucksäcken. Niemals die Rucksäcke alleine lassen! Das weiß jeder. Ich sehe mich kurz um, es ist keiner mehr hinter unseren Sitzen und renne gedankenverloren vor zum Fahrer und klopfe an die Tür (hier gibt es immer eine Tür im Bus, die den Fahrer von den Gästen schützt) und rufe „Mi Amigo! Mi Amigo!“. Er wedelt ganz selbstverständlich mit der Hand und macht Bewegungen die wohl bedeuten sollen, dass er nur ein Stück weiter vor fährt. Zusätzlich viele spanische Wörter, von denen ich kein einziges verstehe. Was mich allerdings ein bisschen beruhigt ist, das der Copilot das Wort „El Tourista“ zweimal wiederholt. Ich gehe aufgebracht zu unseren Sitzen zurück, die Rucksäcke sind beide noch da. Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf: Hat er die Info Fabian schon gegeben, als er den Bus verlassen hat, weiß er wohin er kommen soll? Wenn nicht, wie wird er von der neuen Position des Busses erfahren, wohin fährt der blöde Bus jetzt, das scheint aber weiter als nur um die Ecke… Tatsächlich ist der Busfahrer mal eben um das komplette Terminal herumgefahren und steht jetzt auf der anderen Seite. Ich stehe im Flur des Busses und schaue mit klopfendem Herzen aus dem Fenster. Male mir schon alle Möglichkeiten aus wie ich als Touri ohne Spanischkenntnisse den Bus anhalten muss… Doch dann sehe ich den Copiloten, wie er losläuft um „El Tourista“ zu suchen. Kurz darauf hat er ihn gefunden und sie kommen beide zum Bus gelaufen. Ein Stein fällt mir vom Herzen, der Adrenalinspiegel sinkt langsam wieder….
Am Nachmittag erreichen wir Puno, was erstaunlich sonnig und gar nicht so kalt ist wie erwartet. Wir sehen zum ersten Mal den Titicacasee. Er ist riesig und tiefblau. Der See ist der höchste schiffbare See der Welt und etwa 13 Mal so groß wie der Bodensee!
Wir beziehen unser Hostel und machen uns direkt auf den Weg, um die Tickets für die schwimmenden Inseln und Taquile Island zu kaufen. Recht schnell finden wir eine passable Agentur, die zudem auch noch Busse ins bolivianische Copacabana anbietet. Wunderbar! Jetzt nur noch Essen finden und dann ins Bett. Beim Lokal erleben wir leider einen Reinfall, aber das war schon fast klar, wenn man in DER Touristraße essen geht.
Schwimmende Inseln und Taquile Island
Obwohl heute Sonntag ist, müssen wir schon vor sechs Uhr aufstehen 😉 Um 6:30 Uhr werden wir abgeholt. Wir werden zum Hafen gebracht und steigen in ein kleines Boot, was uns zuerst auf die schwimmenden Inseln bringen wird und anschließend auf Taquile Island. Die schwimmenden Inseln erreichen wir nach knapp einer Stunde. Dort leben dem Anschein nach arme Menschen auf Inseln, die aus Schilf gebaut sind. Die Schilfschicht ist etwa 2 Meter hoch. Alle zwei Wochen muss von oben die Schilfschicht erneuert werden. Auf der Insel, die wir besucht haben, leben vier Familien in einfachsten Bedingungen. Eine Frau nimmt uns mit in ihr „Haus“. Wir treten in den Raum ein und er ist voll. Darin steht lediglich ein Bett, auf dem ihr Baby liegt. Dann gibt es noch ein Nachttischschränkchen auf dem ein Kofferfernseher und ein kleines Radio steht. Der Strom kommt von einem kleinen Solarpanel, welches außerhalb der Hütte steht.
Die Nahrung der Inselbewohner besteht laut dem Guide aus Eiern, Fisch und dem gleichen Schilf aus dem auch die Hütten sind. Wir wundern uns, wie es die Frauen schaffen, bei solch wenig und eingeschränkter Nahrung so fett zu werden. Nein, das ist nicht gemein, sie sind echt fett. Laut unserem Guide liegt es daran, dass sie sich einfach kaum bewegen auf ihrer kleinen Insel. Die Kiddies kommen mit großen Augen und kleinen selbstgemalten Bildern aus der Grundschule und wollen sie loswerden. Das Highlight dieses Besuches für Touristen ist die Fahrt in einem der aus Schilf gefertigten Schiffe. Man verspricht uns eine zehnminütige Fahrt bis zur nächsten Insel für rund 2,50 Euro. Tatsächlich waren es fünf Minuten und wir haben rund 50 Meter zurückgelegt J Weiter geht es im Motorboot zur Taquile Island. Rund zweieinhalb Stunden dauert die unheimlich gemächliche Fahrt. Von der Insel aus hat man wunderschöne Sicht auf den Titicacasee. Leider sind wir auch dort im Touriprogramm gefangen und müssen uns einen einheimischen Tanz ansehen und anschließend dort essen. Aber es hat gut geschmeckt… Anschließend noch eineinhalb Stunden Zeit um einen Weg entlang zu laufen, der uns wieder zum Boot auf den Rückweg bringen soll…. Wir sind beeindruckt vom See und lassen uns viel Zeit um Bilder zu machen. Leider ist der Tag viel zu schnell vorbei und wir sind gegen halb sechs wieder auf dem Festland.
Letzter Abend in Peru
Wir haben uns vorgenommen, jeden letzten Abend in einem Land mit einem lecker Abendessen zu beenden. So auch diesen. Wir folgen einer Empfehlung dreier amerikanischer Geschwister, die mit uns den Colca Treck gemacht haben. Ein Cousin von ihnen hat in Puno ein Restaurant, das sehr lecker sein soll. Die drei wollen selbst dort hin und ein bisschen dort arbeiten. Wir treten ein und sind leider nicht die einzigen, eine Menschenmenge ist vor uns. Doch plötzlich entdecken wir Sean, einen der drei Geschwister. Herrlich! Ein paar Minuten small talk später haben wir einen Sitzplatz und bestellen. Anschließend gesellen sich alle zu uns und wir haben einen tollen Abend mit drei Runden Cocktails und ganz viel Spaß. Ein schöner Abend in einem wunderbaren Land. Peru hat uns so viel Abwechslung geboten. Von Bergen über Meer, alte Inkastädte, mystische Stimmung und viele gute Bekanntschaften. Ein hoher Maßstab für die noch kommenden Länder!
Die Sonneninsel auf dem Titicacasee in Bolivien
Titicacasee von der anderen Seite, oder besser von der „Sonneninsel“. Alten Inkamythen zu folge, soll die Sonneninsel im Titicacasee die Geburtsstätte der Sonne sein. Frühmorgens geht der Bus von Puno in Peru nach Copacabana in Bolivien. Die Zeit am Grenzübergang beschränkt sich trotz drei gleichzeitig abfahrender Touribusse auf rund eine Stunde. Der kleine Ort Copacabana liegt direkt am See und scheint nur für Touristen zu existieren. Wir suchen schnell unser Hostel, packen unsere kleinen Rucksäcke und machen uns direkt auf zum Ufer, an dem die Tickets für die Sonneninsel verkauft werden. Um 13:30 Uhr legen wir ab und sind wieder begeistert, wie groß dieser See eigentlich ist und wie blau das Wasser… Wir kommen an der Insel an, gehen die vielen Stufen bis nach oben und kommen irgendwo bei 4000 Metern an.
Ein kleiner Junge führt uns zu dem Hostel, das wir uns ausgesucht haben und wir sind ihm dankbar für diese Leistung, da das Hostel nicht im Zentrum, sondern ziemlich außerhalb liegt und nicht so schnell zu finden ist. Das Hostel ist ein Traum! Der Ausblick ist purer Luxus und das Zimmer ist auch toll. Wir haben noch ein bisschen Zeit bis zum Sonnenuntergang und machen uns direkt auf den Weg zum Aussichtspunkt, der 4113 Meter hoch liegt.
Der Ausblick dort ist atemberaubend. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus und schießen die meisten Panoramabilder unserer Reise. Allerdings sind wir noch zu früh für den Sonnenuntergang und beschließen, ihn unten am Hostel anzusehen, da es ja genau auf der richtigen Seite der Insel liegt.
Wir sehen den Sonnenuntergang und bekommen anschließend von der hauseigenen Küche noch lecker Abendessen. Nachdem sich die Sonne verabschiedet hat, wird es sehr schnell sehr kalt. Wir sind gespannt auf unser Zimmer ohne Heizung… Die fünf(!) Decken, die auf dem Bett liegen, schaffen es nach einiger Zeit der zitternden Bewegung uns zu wärmen und wir schlafen selig ein.
Die Sonneninsel kann auf einem Rundweg zwischen vier und viereinhalb Stunden erkundet werden. Zu erwähnen ist an dieser Stelle die Höhe, auf der sich die Insel befindet. Der Rundweg liegt dann also ständig um die 4000 Meter. Das alleine raubt einem schon den Atem und wenn es dann noch auf und ab geht erst recht. Wir schaffen es aber trotzdem kurz vor vier wieder bei den Schiffen zu sein, um die Rückfahrt anzutreten. Der Rundweg ist wunderschön und man sieht die ganze Insel. Ihre Berge, ihre Strände, ihre Ruinen, Ihre Felsen, einfach schön. Die ein oder andere Sehenswürdigkeit entgeht uns zwar, da so gut wie nichts angeschrieben ist oder ein zeremonieller Stein aus der Inkazeit jetzt als Souvenirverkaufsstand getarnt ist, aber nach so viel Inkastätten ist das nicht weiter schlimm. Schweren Herzens steigen wir wieder in das Boot und lassen uns zurück bringen. Eine Nacht in Copacabana im billigsten Hostel bis jetzt, für 2,50 Euro pro Nacht. Nur so viel sei erwähnt: die Badtür hielten wir geschlossen und geschlafen haben wir in unseren Schlafsäcken.
Comments are closed.