Machu Picchu
Tag 1
Heute fahren wir von Cusco mit einem Minivan nach Ollantaytambo. Der Ort ist letzter Startpunkt für Züge nach Aguas Calientes, der Stadt am Fuße des Machu Picchus. Unser Zug fährt erst um 16.30 Uhr und so haben wir genug Zeit, um uns die Inkastätte und das Dorf anzuschauen. Die Anlage war zur Inkazeit eine wichtige Festung mit Tempel, viel Anbaufläche und einem Dorf für die Bauern. Hier gewannen die Inkas eine der wenigen Schlachten gegen die spanischen Eroberer. Das wichtigste Gebäude bei heiligen Inkastätten ist der Sonnentempel. Für diesen wurden mal eben riesige Felsblöcke von den Bergen gegenüber gehauen, aufwändig ins Tal hinunter und von dort wieder hinauf zur Stätte transportiert – eine unvorstellbare Leistung. Das Dorf Ollantaytambo sieht fast noch aus wie zur Inkazeit. Die Häuser stehen noch auf deren Grundmauern und sind nur im oberen Teil erneuert oder renoviert worden. Es ist ein tolles Gefühl, dort durch die engen Gassen zu schlendern und sich vorzustellen, dass es dort vor ca. 600 Jahren genau so ausgesehen hat – bis auf die zahlreichen, bunten “Restaurante“ und „Hospedaje“ Werbeschilder natürlich!
Am späten Nachmittag steigen wir in unseren Zug ein und erleben auch hier wieder ein Phänomen, was uns immer wieder begegnet. Egal ob Bus, Zug, oder Flugzeug, es sitzen ganz oft Leute auf unseren Sitzplätzen. Während wir bei den Einheimischen noch Verständnis dafür aufbringen können, wundern wir uns aber, wenn es andere Touristen sind. Die Plätze sind schnell getauscht und so tuckern wir gemütlich in Richtung Aguas Calientes, einer schrecklichen Touristenstadt, in der es quasi nur Hostels, Hotels und Pizzerien gibt. Wir besorgen uns zunächst unsere Eintrittskarten für Machu Picchu und versichern uns dort nochmals, dass wir auch wirklich schon um 3 Uhr loslaufen können, um pünktlich früh morgens am Eingang zu Machu Picchu zu sein. „Kein Problem“ sagt man uns.
Es ist nämlich so, dass es oben auf dem Machu Picchu einen kleinen Berg – den Huaynapicchu – gibt, von dem aus man eine tolle Sicht auf Machu Picchu und die umliegenden Berge hat. Es dürfen aber pro Tag nur 400 Besucher dort hinauf, da der schmale Weg und der wenige Platz am Gipfel nicht mehr Leute zulassen. Der Andrang nach diesen Tickets ist so groß, dass diese bereits um kurz nach 6 Uhr vergeben sind, obwohl der Einlass erst um 6 Uhr ist. Wir müssen es also schaffen, so früh dort zu sein, dass wir den begehrten Stempel für die Besteigung des Huaynapicchu zu bekommen. Unser Plan ist, bereits um 3:30 Uhr loszulaufen, da wir nicht genau wissen, wie lange wir brauchen werden. Die einen sagen uns es dauert 50 Minuten, die anderen sagen es sind 1,5 Stunden. Wir laufen in der Dunkelheit noch hinab zum Fluss, damit wir in der Nacht nicht unnötig Zeit verlieren und schon wissen, wo der Weg ungefähr langführen wird. Am Himmel zeichnen sich Lichtspiele ab – es sind die Proben für die Show auf dem Machu Picchu zur Feier der Wiederentdeckung vor 100 Jahren. Auf dem Weg zu unserem Hostel treffen wir Andi und Tatjana wieder, die in unserer Gruppe auf dem Santa Cruz Treck waren. Sie wollen auch heute Nacht hoch und wir tauschen unsere Informationen aus und verabreden uns für 5 Uhr oben am Machu Picchu. Im Hostel erzählen wir dem Rezeptionisten, dass wir bereits um 3 Uhr wieder aufbrechen wollen. Er ist der erste der uns sagt, dass es auf dem Weg zu Machu Picchu ein Brücke gibt, die erst um kurz vor 5 aufmacht. Somit bringt es gar nichts, sich schon um 3 Uhr auf den Weg zu machen. Also ändern wir unseren Plan und haben ein schlechtes Gewissen, da Andi und Tatjana jetzt wohl viel zu früh losgehen werden. Wir gehen nochmal in die Stadt um etwas zu Essen und einzukaufen. Wir halten Ausschau nach den beiden, können sie aber nicht finden. Nachdem wir alles besorgt haben und wieder auf dem Weg ins Hostel sind, treffen wir die beiden doch nochmal und können sie somit davon abhalten zwei Stunden an der geschlossenen Brücke zu stehen!
Tag 2
Nach etwa vier Stunden Schlaf klingelt um kurz nach 3 Uhr der Wecker und wir machen uns auf den Weg zur Brücke. Dort kommen wir um 4:20 Uhr an und es sind bereits etwa 30 Leute da. Bis kurz vor 5 Uhr werden es locker über Hundert, und wir werden langsam ein bisschen nervös, denn wir haben viel über den Weg nach oben gehört. Er besteht quasi nur aus Treppenstufen und es geht steil nach oben. Kurz vor 5 Uhr wird die Brücke geöffnet und wir sind unter den ersten 30 Personen, die sich auf den Weg machen können. Nach 10 Minuten ist man bereits durchgeschwitzt und eigentlich schon völlig k.o., denn es sind wirklich nur Treppenstufen. Unterbrochen werden diese nur ein paar Mal, wenn wir die Straße überqueren, auf der die Busse fahren. Der Weg ist quasi die Abkürzung der Serpentinen. Der Wille, diesen Stempel auf unser Ticket zu bekommen ist die Motivation und die Menschenmenge vor und hinter uns treibt uns den Berg nach oben. Nach 45 Minuten Extremstufensteigen kommen wir ganz schön erschöpft oben an. Aber wir sind glücklich, denn wir stehen sehr weit vorne in der Schlange – der Stempel ist uns sicher – geschafft!
Wir bekommen unseren Zutrittsstempel für Huaynapicchu und halten Ausschau nach Andi und Tatjana, denn wir möchten gerne mit ihnen zusammen eine Führung machen und die Kosten für den Guide teilen. Als sie um 6 Uhr noch nicht da sind, gehen wir schon mal hinein und genießen einen atemberaubenden Blick auf den noch menschenleeren Machu Picchu. Die Stätte liegt direkt über einem Nebelmeer und der Anblick hat etwas Mystisches – man bekommt fast eine Gänsehaut. Die Szene verändert sich alle paar Minuten, je nachdem wo sich der Nebel gerade befindet. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Auf dem Weg zurück zum Eingang treffen wir dann Andi und Tatjana und buchen mit ihnen zusammen eine zweieinhalb Stunden dauernde Tour. Nach zwei Stunden ist die Tour schon zu Ende und im Laufe des Tages fallen uns noch viele Fragen ein, die von unserem Guide eigentlich schon hätten beantwortet sein müssen. Naja, Genaues über Machu Picchu weiß man ja bis heute nicht und es bleiben noch viele Rätsel offen – nicht nur für uns.
Um kurz vor 11 Uhr beginnen wir unseren Aufstieg auf den Huaynapicchu. Die Leute aus der ersten Gruppe kommen uns völlig fertig und verschwitzt entgegen und wir fragen uns, was denn beim Abstieg so anstrengend sein soll. Zehn Minuten später wissen wir es: Es geht für uns erst mal 10 Minuten steil bergab, bevor es dann ca. 40 Minuten steil bergauf geht. Der Weg ist sehr schmal, es passen kaum zwei Leute aneinander vorbei und es gibt wieder unzählige Treppenstufen.
Unterwegs begegnet uns ein Koreaner wieder, den wir in Kolumbien auf der Kaffeefarm kennengelernt haben. Er erkennt uns leichter als wir ihn und freut sich mit uns über das Wiedersehen. Von unten aus gesehen konnten wir uns gar nicht vorstellen, wo an diesem Berg überhaupt ein Weg nach oben führen kann. Oben angekommen staunen wir, dass auch dort noch Gebäude aus der Inkazeit vorhanden sind. Kaum zu glauben, was die damals alles hinbekommen haben. Wir haben einen wunderbaren Blick auf Machu Picchu und in die umliegenden Täler. Wir verweilen so lange wie möglich auf dem Gipfel, genießen die Aussicht und das warme Wetter bis wir wieder hinabgeschickt werden. Zurück am Machu Picchu schauen wir uns noch ein wenig um und ruhen uns aus. Obwohl wir eigentlich schon alles gesehen haben, möchten wir diesen besonderen Ort nicht verlassen. Wir hatten riesiges Glück mit dem Wetter, denn bis zum Vortag war es noch bewölkt und es hat geregnet. Am späten Nachmittag müssen wir dann doch auf den Weg zurück ins Dorf. Wir entscheiden uns gegen die teure Abfahrt mit dem Bus und laufen die Treppen von heute Morgen nun hinab. Unten angekommen sind wir nach 4 Stunden Schlaf, gefühlten 10.000 Treppenstufen und sehr vielen Eindrücken völlig am Ende. Aber wir müssen noch den Berg hinauf zum Dorf und zu unserem Hostel, welches natürlich ganz oben liegt, zurücklaufen. Als auch das geschafft ist (inzwischen hat es wieder angefangen zu regnen) und wir noch ein bisschen Zeit haben bis unser Zug wieder fährt, gehen wir noch etwas Essen uns bestellen uns zur Feier des Tages gleich zweimal den peruanischen Nationalcocktail „Pisco Sour“! Danach fahren wir mit dem Zug zurück nach Ollantaytambo und von dort mit dem Bus zurück nach Cusco. Spät abends beziehen wir wieder ein kaltes Zimmer, was uns an diesem mehr als gelungenen Tag aber total egal ist, denn wir sind viel zu müde um noch etwas von der Kälte zu spüren.
Exkurs – Was sonst noch so passiert
Neben all den schön Dingen, die wir hier in Südamerika sehen und erleben dürfen, gibt es auch immer wieder ein paar kleine Dinge, an die wir uns erst gewöhnen müssen und die doch das ein oder andere mal Kopfschütteln verursachen. Der Abreisetag nach Machu Picchu ist ein solches Beispiel:
Am Samstagmorgen hatten wir Wäsche in einer Wäscherei abgegeben und darum gebeten, die Sachen nicht im Trockner zu trocknen. „Kein Problem“ sagte die Dame, am Sonntag um 14 Uhr können wir diese wieder abholen. Am Sonntag war die Wäscherei dann geschlossen… So gehen wir am Montagmorgen wieder hin – immer noch geschlossen. Ein Mann auf der Straße sagt uns, dass die Wäscherei erst um 10 Uhr öffnet. Also verschieben wir unseren geplanten Ausflug um eine Stunde und warten. Um kurz vor 10 Uhr wollen wir unsere Wäsche abholen, aber die Dame behauptet, diese sei erst bis heute Nachmittag um 14 Uhr fertig. Wir können es nicht glauben und verlangen unsere Wäsche zurück. Diese wird dann kurzerhand um die Ecke in einer anderen Wäscherei geholt und sieht noch genauso aus, wie als wir sie abgegeben haben – sie lag also 2 Tage nur herum. „Wie hätte diese denn bis heute Nachmittag fertig werden sollen wenn diese noch gewaschen und luftgetrocknet werden muss?“ fragen wir uns geben die Sachen, die wir eigentlich für unsere Tour gebraucht hätten, im Hostel ab. Diese haben nun 3 Tage Zeit! Danach finden wir direkt vor dem Hostel ein Taxi (gut), welches uns aber zur falschen Busstation fährt (nicht so gut). Wir haben Glück, dass die richtige Busstation nur einen Block entfernt ist (gut) und werden auf dem Weg dorthin von einem Typen angesprochen, der uns in seinem Privatminibus zu unserem Ziel fahren möchte, und das auch noch zu einem guten Preis (gut). Wir fahren mit ein paar Peruanern nach Ollantaytambo und holen unsere verlorene Zeit mit der Wäscherei wieder rein (gut). Bis zu Abfahrt unseres Zuges haben wir noch ein paar Stunden Zeit und besichtigen eine beeindruckende Inkastätte. Wir möchten gerne eine Führung haben, aber der Guide ist viel zu teuer (nicht so gut). Wir sagen, dass wir noch auf weitere Touristen warten möchten, um mit diesen eine Führung zu teilen. Der Guide sagt, wie es hier alle tun: „Da kommen keine anderen Touristen und wenn, dann haben diese schon eine Tour gebucht!“ (nicht so gut). Schon klar. Wir warten eine Weile, aber die anderen Touristen scheinen nicht so sehr interessiert an einer Tour und so handeln wir nochmals mit dem Guide und bekommen die Tour zwar günstiger, aber immer noch überteuert (nicht so gut). Wir versichern uns, dass er mit uns auch wirklich dir große Tour macht (1,5 Stunden) und uns alles erklären wird. Das Englisch des Guides ist immerhin einigermaßen zu verstehen (gut) und die Tour ist sehr interessant (gut), aber schon nach einer Stunde zu Ende und es war auch nicht der große Rundgang (nicht so gut).
So ist das hier ständig. Man erzählt den Touristen das was sie hören wollen und nicht das, wie es wirklich sein wird. Ständig hat man das Gefühl übers Ohr gehauen zu werden und das ist manchmal ganz schön nervig, aber dank der vielen schönen Eindrücke auch immer wieder schnell vergessen!