Huaraz
Unsere erste Übernachtbusfahrt bringt uns in 9 Stunden vom Strand in Huanchaco nach Huaraz. Huaraz liegt auf 3100 Meter Höhe an der Cordillera Blanca, einer eindrucksvollen Gebirgskette mit 22 Bergen, die über 6000 Meter hoch sind. Eine solch dichte Ansammlung von Bergen dieser Höhe findet man sonst nur noch im Himalaya. Die Stadt selbst hat außer der tollen Aussicht von unserem Hostel auf die schneebedeckten Berge nicht viel zu bieten, aber sie ist der Startpunkt für die meisten Ausflüge in die Berge.
Wir wollen wieder wandern gehen und treffen beim Frühstück nach unserer Ankunft auf Gleichgesinnte: Isabelle und Francesco aus der Schweiz sind auch gerade angekommen und so machen wir uns zusammen auf die Suche nach einer geeigneten Agentur, was aufgrund des Überangebots gar nicht so einfach ist. Wir hören uns alles an, stellen viele Fragen und nach jeder weiteren Agentur gibt es wieder mehr Fragezeichen. Die Preise für die 4-Tagestour, die wir gerne machen würden, variieren sehr stark und wir sind uns nicht so ganz sicher, wem wir hier was glauben können. Doch wir haben noch ein bisschen Zeit und bevor es losgehen kann, müssen wir erst mal alle fit werden. Nicole und Francesco sind angeschlagen und so suchen wir nachmittags erst mal zusammen eine Klinik, in der die beiden Patienten für unter 10 Euro kompetent untersucht werden. Beide bekommen eine ganze Reihe von Medikamenten verschrieben, die in der hauseigenen Apotheke gleich besorgt werden. Hoffen wir mal, dass beide wieder rechtzeitig fit werden!
Den Samstag verbringen wir mit Ausruhen und weiteren Erkundigungen. Mittlerweile sind noch Nicolai und Gaby aus Deutschland dazu gestoßen, die der Empfehlung von Isabelle und Francesco von Lima her gefolgt sind. Wir legen uns vorläufig auf eine Agentur fest, zwar nicht zu 100% überzeugt, aber wir können eh noch nicht buchen, weil wir uns wegen der Gesundheitszustände noch nicht sicher sind.
Am Sonntag hält Nicole es nicht länger aus mit dem von mir verordneten Ausruhen und so fahren wir mit einem Bus inklusive Einheimischen und ihren ganzen Markteinkäufen einen Pass hinauf, von dem wir eine schöne Aussicht auf die Bergkette haben und zurück nach Huaraz laufen. Der Weg, der nicht immer gut ersichtlich ist und manchmal plötzlich an einem Bauernhof endet, führt uns durch zahlreiche Minidörfchen, die aus 3-10 Häusern bestehen und von mehr Tieren als Menschen bewohnt sind. Die wenigen Menschen die uns begegnen, grüßen uns stets freundlich mit „Hola Gringo“ und „Hola Gringa“, wobei manche fast in Begeisterung ausbrechen und uns noch dazu heftig winken.
Zum Abendessen gibt es für die Jungs eine Spezialität des Landes: Meerschweinchen! Die Herrin des Hauses hatte sich bereiterklärt uns bei der Zubereitung zu helfen und so wurden auf dem Markt zwei Meerschweinchen und weitere Zutaten gekauft und Chefkoch Francesco bereitet die beiden Meerschweinchen in heißem Öl zu. Das Fleisch schmeckt zwar gut, aber es ist nicht so viel dran und es muss mühsam von den vielen Knochen abgenagt werden. Der Aufwand steht nicht gerade in einem optimalen Verhältnis zum Ertrag, aber der Versuch war es auf jeden Fall wert! Nicole hat es nicht probiert und war froh, dass bei anderen Hostelgästen noch etwas Gemüsereis übrig war. Danach trinken wir wieder viel Tee, schauen uns das NBA Spiel an und freuen uns, dass Dirk es endlich geschafft hat!
Am Montag mache ich mich zusammen mit Nicolai, Gaby und Francesco auf zu einem Tagestreck zur Lagune 69. Francesco geht es mittlerweile besser, dafür ist Isabelle nun krank. Die beiden Mädels bleiben also im Hostel und der Rest begibt sich nach einem Frühstück mit dem Bus auf den Weg zum Startpunkt. Nach kurzer Zeit stellt Francesco fest, dass ihm im Frühstücksrestaurant die Kamera geklaut wurde. Er macht sich sofort auf den Rückweg um zu schauen, ob noch etwas zu retten ist. So wandern wir zu dritt zur Lagune 69, eine empfohlene Wanderung zur Gewöhnung an die Höhe. Der Weg führt durch ein schönes Tal und steigt zwischendurch immer mal wieder steil an. Wir nehmen uns aber Zeit und machen viele Fotos. Nachdem wir schon zweimal gedacht hatten, dass die Lagune sich bestimmt hinter dem nächsten Anstieg befindet, kommen wir nach 3 Stunden und 700 Höhenmetern endlich an und sind sofort fasziniert von diesem schönen Anblick. Die türkise Farbe des Wassers, die Berge rundherum und der Gletscher oberhalb des Sees! Es wird sogar noch farbenfroher, als der bewölkte Himmel aufgeht und die Sonne erscheint. Wir genießen die Szene, stärken uns mit Essen und Trinken und machen uns wieder auf den Rückweg. Im Hostel werden wir von den anderen mit frisch gekochtem Essen empfangen – ein Traum für hungrige Wanderer! Wir sitzen gemütlich zusammen, versuchen unsere zwei noch immer kränkelnden Mädels gesund zu reden und hoffen, dass wir morgen endlich den Treck für alle buchen können…
Nach dem fünften oder sechsten Besuch in der Agentur und weiteren Antworten auf unsere Fragen, beschließen wir, den Treck nun zu buchen in der Hoffnung, dass auch die Mädels trotz Angeschlagenheit gut durchkommen. Wir freuen uns alle und verbringen den Rest des Tages mit Besorgungen und Vorbereitungen.